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  • Das Hinspiel verloren Mergim Mavraj und Greuther Fürth im Volkspark mit 0:2. Am Sonntag steigt die Revanche gegen den HSV.
  • Foto: WITTERS

Mit Worten verletzt: Ex-HSV-Profi Mavraj: „Ich habe mich bei Titz entschuldigt“

Hätten sie wie geplant vor zwei Monaten gespielt, wäre Mergim Mavraj gar nicht dabei gewesen. Rechtzeitig vor der Partie gegen seinen Ex-Klub HSV aber meldet sich der Abwehrspieler von Greuther Fürth wieder fit. Ein spezielles Spiel, das da am Sonntag ansteht – in jeder Hinsicht. Darüber sprach die MOPO mit dem 33 Jahre alten Mavraj.

MOPO: Herr Mavraj, die DFL hat alle Spieler ausdrücklich dazu angehalten, nach Toren nur verhalten zu jubeln und sich nicht abzuklatschen. Erklären Sie es uns: Kann man sich nach einem wichtigen Treffer so sehr im Griff haben?

Mergim Mavraj: Ich bin mir sicher, dass wir zumindest in den ersten Wochen jetzt keine überkochenden Emotionen sehen werden. Weil es auch eine andere Situation ist, als würdest du vor 20.000 oder 40.000 Fans spielen. Aber, wer weiß: Wenn der HSV am Ende das entscheidende Tor zum Aufstieg schießen sollte, ist das mit der Selbstkontrolle sicher schwerer.

Grundsätzlich gibt es große Debatten darüber, ob dieser Re-Start der Saison sinnvoll und vertretbar ist. Es gibt auch Spieler, die Bedenken anmeldeten. Sie galten schon immer als sehr mündiger Profi. Wie ist Ihre Meinung?

Für alle Beteiligten geht es hier auch um ein Stück Leidenschaft. Und letztlich ist es unmöglich, es immer jedem Recht zu machen. Der Bäcker, der VW-Chef, die Schwiegermütter, die Altenheime, wir Fußballer – es werden niemals alle gleich denken. Aber wir wissen, welchen Stellenwert der Fußball in der Gesellschaft hat. Vielleicht können wir dem einen oder anderen Menschen helfen, seine Sorgen für 90 Minuten etwas zu vergessen.

Mergim Mavraj spielt mit Fürth gegen den HSV

Mavraj und Papadopoulos

Gute Kumpel: Fürths Mergim Mavraj und der seit September beim HSV aussortierte Kyriakos Papadopoulos (r.) bildeten zu gemeinsamen Hamburger Zeiten ein Abwehr-Duo.

Foto:

WITTERS

Es gab aber auch Kollegen von Ihnen, die sich gewünscht hätten, dass die Vereinsbosse mal gefragt hätten, ob Sie überhaupt bereit sind, wieder zu spielen.

Meine Meinung ist: Das kann man sich immer so hindrehen, wie man es möchte.

Das heißt?

Spieler haben von der Haltung und den Entscheidungen ihrer Vorgesetzten auch oft profitiert und leben ein sehr privilegiertes Leben. Da hat dann auch niemand alles hinterfragt sondern es einfach so akzeptiert. In Fürth wurde jedem Spieler übrigens die Wahl überlassen, niemand wurde zum Training oder zum Spiel gezwungen.

Haben Sie keine Angst, sich anzustecken?

Ich sehe es so: Unabhängig von Covid-19 kannst du dich ohnehin bei jedem Training verletzen. Es gibt genügend Spieler, die mit kaputten Gelenken oder gebrochenen Nasen spielen. Wir gehen also sehr oft ein erhöhtes Risiko ein. Klar kann es passieren, dass ich mich anstecke. Aber ich habe keine Angst.

Wie groß sind denn die Chancen, dass Sie nach Ihrem Adduktorenabriss gegen den HSV wieder spielen können?

Sie sind fifty-fifty. Und vielleicht ist dies das einzig Positive, dass ich der Corona-Zeit entnehmen kann: Vor der Pause hatte ich mich gerade verletzt und hätte diese Saison vielleicht kein Spiel mehr bestritten, nun bin ich wieder Großteils im Mannschaftstraining. Die Corona-Pause hat mir geholfen. Auch wenn das komisch klingt.

Mergim Mavraj: Es war eine Ehre, für den HSV zu spielen

Mergim Mavraj

Für den HSV bestritt Mergim Mavraj zwischen Januar 2017 und Frühjahr 2018 insgesamt 31 Bundesligaspiele.

Foto:

dpa

Den HSV verließen Sie im Sommer 2018 im Unfrieden. Verspüren Sie noch einen Groll?

Nein, ich bin da mit mir im Reinen. Es war mir eine Ehre, für den HSV gespielt und das Trikot getragen zu haben. Manchmal fällt ein Abschied nicht so cool aus, manchmal schon. Das kann man nicht immer beeinflussen.

Sie sorgten nach Ihrem Abgang für Aufsehen, weil Sie Ihrem Ex-Trainer Christian Titz, der Sie beim HSV aussortiert hatte und nun Rot-Weiss Essen trainiert, große menschliche Defizite nachsagten. Es heißt, Sie hätten sich anschließend entschuldigt.

Das ist richtig. Ich habe den Kontakt gesucht, weil das, was ich gemacht habe, nicht in mein Wertesystem passte. Meine Sätze waren inhaltlich nicht falsch, dazu stehe ich. Was mit mir gemacht wurde, war grenzwertig. Aber ich habe mich bei Christian Titz entschuldigt. Weil ich wusste, dass ich ihn mit meinen Worten verletzt habe. Mit dieser Bürde wollte ich so nicht leben. So wurde ich nicht erzogen.

Wie hat er reagiert?

Ich denke, er fand es gut. Was ich aber sehr schade fand: Ich habe meinerseits keine Entschuldigung bekommen. Und ich habe auch keine Antworten auf die Fragen bekommen, warum die Dinge in Hamburg damals so abliefen. Vielleicht hätte ich mir das auch mal gewünscht. Aber da kam nichts.

Mergim Mavraj: Geisterspiele sind wie Lotterie

Sie kennen den HSV genau. Was wird es für den Verein bedeuten, dass die Spiele bis auf weiteres ohne Zuschauer ausgetragen werden müssen?

Uns Profis fehlt etwas, wenn wir vor leeren Rängen spielen. Und wenn man ein so großes Fan-Potenzial wie der HSV hat, ist es sicher kein Vorteil, Geisterspiele austragen zu müssen. Aber: Ich denke nicht, dass das über Auf- oder Abstieg entscheidet. Viele Vereine werden sich dahinter verstecken aber es darf für keinen von uns Spielern ein Alibi sein. Am Ende des Tages entscheidet die eigene Motivation, das ist auf jedem Bolzplatz und in jeder noch so großen Arena der Welt so. Mentalität siegt.

Viele Experten erwarten nun zahlreiche Überraschungen in den Partien.

Alles, was passiert, ist jetzt eine Lotterie. Niemand weiß, wo er steht. Das ist wie bei einem Saisonstart. Es gibt keine Gesetzmäßigkeiten. Dazu kommt: Corona ist natürlich in den Köpfen, das wird man merken. Das Niveau des Spiels wird ein wenig nachlassen.

Könnte diese Unberechenbarkeit für Ihren Verein eine nicht zu verachtende Chance sein? Sie liegen als Tabellenfünfter acht Zähler hinter dem drittplatzierten HSV.

Wir werden versuchen, unsere gute Saison noch besser zu Ende zu spielen. Wir haben neun geile Spiele. Schon jetzt können wir sehr stolz sein, was nach ein paar schweren Jahren hier entstanden ist. Vieles ist möglich, aber es wäre sicher nicht förderlich, über Dinge wie Aufstieg zu sprechen.

Und wie oft wird am Sonntag gejubelt?

Abwarten. Aber es wäre ja schon mal gut, wenn wir den HSV kein Tor schießen lassen. Dann besteht auch keine Gefahr eines ausschweifenden Torjubels.

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